Kino mit Herzblut | Neues Kino in Basel
Das charmanteste Kino der Stadt braucht mehr
Unterstützung; sein Sommerprogramm zeigt es in luftiger Höhe.
Niemand
hat etwas dagegen, wenn man ein kleines oder grosses Ziegelhof mit in den
Kinosaal nimmt. Und so kommt es zuweilen – magische Momente im Halbdunkel –,
dass über den abschüssigen Holzboden von hinten oben nach vorne unten eine leere
Flasche brettert, immer in den stillsten Momenten im Film, wenn das Publikum die
Luft anhält; und schliesslich durch ein gemeinschaftliches Lachen bekundet, dass
dergleichen halt passiert und nicht weiter schlimm ist.
Ja, das Neue Kino
ist anders, alternativ im besten Sinn. Es hält seit bald zwanzig Jahren abseits
des etablierten Kino- und Unterhaltungsbetriebs tapfer die Stellung. Und mag die
ganze Stadt von einer Armada kommerzieller Kinos besetzt sein, dieses kleine
Eiland in Kleinhüningen bleibt unbeugsam. Es macht weiterhin sein Programm,
zeigt harte und zarte, poetische und brachiale, wenig und viel gespielte Filme –
vier bis fünf an acht bis zehn Abenden pro Monat. Darunter auch Beispiele
heimischen Filmschaffens, Zeichentrickfilme, B-Movies, Kurz- und Super8-Filme,
den unentbehrlichen Heiligabend-nach-der-Bescherung-Anlass und, etwas konkreter,
solche Perlen wie ‹Salam Cinema› von Mohsen Machmalbaf, ‹Otesánek› von Jan
Svankmajer oder einen tschechischen Western, dessen Titel ich leider vergessen
habe, der aber ganz zauberhaft und herrlich ironisch war. Und natürlich werden
im Neuen Kino auch Produktionen grosser Studios und ausgesprochen erfolgreiche
Filme gezeigt, gerne allerdings mit etwas zeitlichem Abstand.
Viel Engagement
Vielleicht ist überhaupt die
grösste Stärke im Programm dieses Kinos, dass es so bunt ist und stets aufs Neue
überrascht. Wie die etwa 15 aktiven Mitglieder, die für Programmierung und
Projektion verantwortlich zeichnen, eine Gruppe junger Leute, die sich fürs
kleine und grosse Kino echt begeistern kann und viel Zeit und Arbeit dafür
aufwendet, wohlgemerkt ehrenamtlich. Womit wir ganz zwanglos beim Geld angelangt
wären – wie überall, aber hier ganz besonders, ein schwieriges Thema.
Während der vergangenen fünf Jahre und letztmals dieses Jahr erhielt das
Neue Kino einen Betrag der Christoph-Merian-Stiftung ans Programm, der das
monatliche Defizit von rund tausend Franken zu decken vermochte. Damit ist nun
Schluss. Ansonsten wurde und wird das als Verein organisierte Kino nicht
regelmässig unterstützt, insbesondere nicht vom Kanton, der sich in der
Förderung kinematographischer Kultur ganz und gar dem Stadtkino widmet. Für
dringende Anschaffungen, wie jüngst die einer neuen Komfort-Kinobestuhlung,
mussten daher Sponsoren gefunden werden, in diesem Fall die Ernst Göhner
Stiftung. Darüber hinaus werden die Ausgaben für Miete, Filmleihe sowie Druck
und Versand des Veranstaltungskalenders durch Eintrittsgelder und
Mitgliedsbeiträge bestritten; Letzterer beträgt pro Person und Jahr 30 Franken,
was zum reduzierten Einzeleintritt von acht statt 13 Franken berechtigt.
Bitte zahlen!
Nun hat das Neue Kino aber weit
mehr Mitglieder als Beitragszahlende, man mag das ein Wunder nennen. Wenn, so
Anna Engelberger vom Kinoteam, all diese schlummernden Verbündeten ihren
Jahresbeitrag – und sei es nur im Sinne einer ideell-materiellen Unterstützung –
überweisen würden, dann wären die Defizitsorgen des Vereins passé, das heisst
die Fortführung eines so attraktiven wie nötigen Angebots in unserer Kulturstadt
fürs Erste gesichert. Damit könnte eine Erfolgsgeschichte weitergehen, die 1986
in der Alten Stadtgärtnerei begann und die sich seit 1991 ein paar Schritte vom
Restaurant Platanenhof entfernt abspielt.
Hoffen wir also, dass unser liebes
und einziges Neues Kino entweder viele neue Mitglieder gewinnt oder viele alte
Mitglieder sich seiner erinnern. Oder beides. Und dann Film ab, die Flasche
rollt. | Oliver Lüdi
Neues Kino, Klybeckstr. 247, Programm:
www.neueskinobasel.ch
Von Mi 13.7. bis Fr 12.8. zieht das Neue Kino wie
jedes Jahr auf den Siloturm im Hafen. Und die Capri-Bar macht dort eine Filiale
auf. Filme gibts jeden Mi, Do und Fr ab ca. 21.30 Uhr (nach dem Eindunkeln),
Reservationen unter T 078 679 20 97.