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MARABU Gelterkinden (Fotografie Tobias Indermühle - Herzlichen Dank an Andreas Tobler und die siebenköpfige Crew vom Trägerverein Marabu)

Das Dorfkino als ein Kultur- und Begegnungsort von heute. Seit 2001 und diversen Zwischenspielen zeigt das Liestaler Sputnik, welches donnerstagabends durch die Reihe des ‚Landkinos’ besetzt ist, hier sein Programm. Der Betrieb ist nicht als Ausgabeposten abgerechnet, sondern durch die übrigen Veranstaltungen finanziert. Wo Unterhaltung war für einfache Stunden gibt es eine Alternative, Konsum- und Massenrealität – Aufschwung damals – als der Platz für frische Geschichten.

Gelterkinden, März 2006


   

Hans-Rudolf Hertig hat 1956 bis 1958 die Anfänge des Marabu als Filmvorführer begleitet. Das Dorfschulhaus von 1822 wird vom Gärtnereibesitzer Emil Staeheli für 160 000 Franken gegen den Mitkonkurrenten des Restaurant Rössli ersteigert und zum Kino umfunktioniert. Als Exklusivität leistet man sich gleich nach Eröffnung ,Krieg und Frieden’, der ausnahmsweise zweieinhalb Wochen gezeigt wird (Regel eine Woche) und derart viele Leute anzieht, dass zusätzliche Sitzgelegenheiten gestuhlt werden müssen. Eine Vorstellung beginnt mit Wochenschauen (Schweizer Filmwochenschau, Fox tönende Wochenschau, Pathé-Journal) und ca. zehnminütiger Dokumentation (Sensationsreporte, Reiseberichte). In der Pause läuft Diawerbung und der Operateur erhält Gelegenheit, mitgebrachte Platten abzuspielen. An Konsumation oder Glacéverkauf mag sich Hans-Rudolf Hertig nicht erinnern. Über Mikrofon können Durchsagen an Zuschauer gemacht werden. Das Filmmaterial besteht aus entzündbarer Nitrozellulose, weshalb immer ein Eimer mit Asbestmatte bereitsteht, im Brandfall eine explosionsartige Ausbreitung zu verhindern. Die Streifen sind wegen ihrer Länge für den Transport auf mehrere Spulen aufgeteilt (Normalfall 5-7 Stück à 15-25 Minuten Spielzeit) und benötigen zwei Apparate. Am Ende jeder Rolle befinden sich im Abstand von 7 Sekunden optische Zeichen (Punkte, Kreise oben rechts auf dem projizierten Bild). Mit der ersten Marke wird am ruhenden Projektor der Motor gestartet, beim zweiten Symbol durch Knopfdruck Licht und Ton auf den nun Aktiven umgeschaltet (überblendet), bevor an der anderen Maschine wieder die nächste Rolle eingerichtet werden kann. Zur Arbeit gehört ebenfalls das Ausfüllen des SUISA-Formulars. Der Lohn eines Abends beträgt 14 Franken.
1957 werden von Ungarn-Flüchtlingen 16mm-Aufnahmen des Aufstandes gezeigt.
Das Gaunerstück ,Rififi’ von Jules Dassin muss der Zensurkommission vorgelegt werden und findet aus Angst, zu Nachahmung und Einbrüchen zu animieren, keine Zustimmung. Hans-Rudolf Hertig erzählt auch von eigenen Kinobesuchen und der Begeisterung, mit welcher die Landbevölkerung gerade die Heimatfilme hautnah mitgefiebert hat.

Gelterkinden, März 2006






mit freundlicher Genehmigung Heinz Spinnler Tecknau


 

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