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ROXY Birsfelden (Herzlichen Dank an Nadja Mumprecht Birsfelden)

DER BAU DES GEBÄUDES 1926

`Der eigentliche Kinosaal musste des steilen Uferabsturzes der Birs wegen etwas tiefer gelegt werden als die Strassenbauten. Das Kino wurde bei seiner Entstehung hoch gelobt, denn zur damaligen Zeit war es mit modernster Bestuhlung ausgestattet. Auch die Zentralheizung und die doppelte Lichtanlage waren eine Sensation. Da sich ausser der Bestuhlung kein Holz in diesem grossen Saal befand, sank die Brandgefahr und erhöhte die Sicherheit. Es wurde als Kino im Herzen des Dorfes, als Familienkino, als Kino für alle bezeichnet, auch, weil es das einzige in der Region war, bei dem Kinder in Begleitung Erwachsener freien Zutritt erhielten. Die Filmvorschauen des Lichtspieltheaters wurden auf der Titelseite der Dorfzeitung ,Birsfälderli’ präsentiert.

ERSTE PHASE

Im Oktober 1930 entstanden die Tonfilme und das Lichtspieltheater wurde eines der modernsten Kinos der Schweiz. Der Orchesterraum wurde auch für verschiedene andere Veranstaltungen zur Verfügung gestellt (z.B. für Unterhaltungsabende der Hundesport-Gesellschaft oder sonstige Treffs und Vorträge). Im Kino konnten auch Logen reserviert werden. Die Filme rissen oft, und dann begann meistens ein riesiges Pfeiffkonzert, bis der Operateur den Film repariert hatte. Während des Krieges kamen weniger Leute und das Kino wurde am Montag geschlossen, da man an Strom und Heizung sparen musste. In dieser Zeit wurden auch englische Streifen angeboten. Bei Mord- und Gewaltszenen rief man die Kinder jeweils hinaus, bis der Schrecken vorbei war. Wenn es während des Krieges Alarm gab, durften die Besucher den Saal nicht verlassen und das Licht musste gelöscht werden. So liess man den gleichen Film zweimal hintereinander laufen, damit niemand im Dunkeln warten musste, bis er gehen konnte.

DIE 50IGER JAHRE

1954 wurde das Gebäude zum ersten Mal umgebaut. Von diesem Jahr an nannte man das Kino ,Roxy’. Es wurde so renoviert, dass es danach als wahres Wunderwerk bezeichnet wurde. Sämtliche technischen und kinematographischen Einrichtungen wurden verändert. Das Leinwandgestell, die Operateurkabine, die Heizung, die Beleuchtungen, aber auch der ganze Gang hin zum Kinosaal wurde erneuert. In der Zeitung fiel der Vergleich mit Weltkinos von Paris, London, Rom oder Brüssel. Zu dieser Zeit wurden auch die ersten italienischen Filme gespielt, weil Birsfelden viele italienische Gastarbeiter beherbergte. Am Wochenende leisteten sie sich einen Film in ihrer Sprache, trotzdem sie in der Regel sehr arm waren. Im Verhältnis zu den Stadtkinos lag man mit den Preisen aber immer noch wesentlich günstiger, obwohl der Eintrittspreis nach der Renovation auf Fr. 6.-- erhöht wurde. Einigen war das zuviel, und sie versuchten, sich auf unfaire Art und Weise zu wehren. Sie starteten einen Appell an die Bevölkerung, das Roxy zu boykottieren und stattdessen in den Restaurants Fernsehen zu schauen (siehe Anhang). Ab 1954 erwarb sich das Roxy auch den Ruf einer ,Revolverküche’. Deshalb gewann es vor allem bei den Jungen Pluspunkte. Aber auch, weil Frau Gass immer ein gutes Herz hatte und zu ihnen stand, obwohl es oft Reklamationen von Anwohnern gab, die über den Lärm der Motorräder schimpften. Auch wenn einer mal keinen ,Stutz’ hatte, wurde er hineingelassen.


DIE 60IGER/70IGER JAHRE

Um konkurrenzfähig zu bleiben, suchte man stets nach neuen Angeboten, um Leute auch von Basel nach Birsfelden zu locken. Man offerierte für’s gleiche Geld zwei Filme, wobei der erste immer ein Western, Horror oder Krimi, der zweite ein Musik- oder Liebesfilm war. Den Höhepunkt (sic!) erlebte Frau Gass, als die ersten Sexfilme von Oswald Kolle und die Emanuelle-Reihe ausgestrahlt wurden, die in der Stadt durch Gesetz noch verboten waren. Die Landschaft reagierte sofort, und der grösste Erfolg auch des Kino Roxy stand vor der Tür. Lange Menschenschlangen an den Kassen baten um Einlass. Das Kino hatte so viele Einnahmen wie sonst in einem Jahr. Das Tram, welches von Basel nach Birsfelden fuhr, hatte hauptsächlich Kinobesucher und man gab ihm den Namen ,Sexexpress’. Das Kino blieb ein Familienbetrieb. Alle Arbeiten wurden selbst erledigt, selbst das Putzen. Höchstens an Sonntagen erhielt die Familie Mithilfe.

DAS AUS

Der Druck der Stadtkinos wurde mit der Zeit zu gross. Auch das Fernsehen trug seinen Teil dazu bei. Kassenschlager wurden zuerst in den grossen Sälen der Stadt gespielt, da sich ein Dorfkino die Erstvergaberechte nicht leisten konnte. War der Medienrummel vorbei, war ein halbes Jahr später, wenn das Vorortskino endlich zur Auswertung kam, das Interesse verloschen. Das Dorfkino geriet immer mehr ins Hintertreffen. 1986 schloss das Roxy und wurde Eigentum der Neuapostolischen Kirche.`
(Grabarbeit über das Roxy) Nadja Mumprecht 1998












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